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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 29.01.2009
Aktenzeichen: 25 Sa 24/09
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 611 |
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 29. Januar 2009
In dem Rechtsstreit
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 25. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2009 durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. Sch. als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter M. und F.
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. Oktober 2008 - 59 Ca 5260/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Erstattung von Ausgaben für Arztrechnungen nach den Beihilfevorschriften der beklagten Rundfunk- und Fernsehsendeanstalt (Gesamtrechtsnachfolgerin des S. und O.). Der in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) pflichtversicherte Kläger verlangt die Erstattung von Ausgaben für Arztrechnungen. Er war bei der Beklagten bzw. der entsprechenden Rechtsvorgängerin seit Oktober 1975 als Kameramann beschäftigt und ist seit Januar 2001 deren Versorgungsempfänger. Der Kläger ist seit seiner Berentung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) der AOK pflichtversichertes Mitglied. Während seiner aktiven Zeit bei der Beklagten war der Kläger freiwillig bei der AOK versichert. Mit dem Bezug der Rente übernimmt die Deutsche Rentenversicherung Bund auch den gesetzlichen hälftigen Anteil des Krankenversicherungsbeitrags.
Es finden die Beihilferichtlinien der Sendeanstalt mit Stand vom 1. Januar 2002 (im Folgenden BhV) Anwendung. Diese lauten, soweit für den Streitfall von Interesse, auszugsweise:
"Beihilferichtlinien
Beihilfen in Geburts-, Krankheits- und Sterbefällen nah Ziff. 711 MTV werden nach folgenden Grundsätzen gezahlt:
Der Anspruch auf Beihilfe für die Arbeitnehmer/innen und Versorgungsempfänger(innen des Sender F. B. orientiert sich an den Beihilfevorschriften und tariflichen Bestimmungen, die für Angestellte des öffentlichen Dienstes des Bundes gelten.
...
Änderungen der Beihilfevorschriften des Bundes werden vom Sender F. B. in sinngemäßer Anwendung übernommen und jeweils formlos bekannt gegeben.
..
§ 1
Anwendungsbereich, Zweckbestimmung und Rechtsnatur
(3) Auf die Beihilfe besteht ein Rechtsanspruch. ...
§ 5
Beihilfefähigkeit der Aufwendungen
(1) Beihilfefähig sind nach den folgenden Vorschriften Aufwendungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind....
...
Über die Notwendigkeit und die Angemessenheit entscheidet die Festsetzungsstelle; sie kann hierzu Gutachten des Amts- oder Vertrauensarztes...einholen.
...
(4) Nicht beihilfefähig sind
1. Sach- und Dienstleistungen. Als Sach- und Dienstleistung gilt auch die Kostenerstattung bei kieferorthopädischer Behandlung. Bei Personen, denen ein Zuschuss, Arbeitgeberanteil und dergleichen zum Krankenversicherungsbeitrag gewährt wird oder bei denen sich der Beitrag nach der Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes (§ 240 Abs. 3 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) bemisst oder die einen Anspruch auf beitragsfreie Krankenfürsorge haben, gelten als Sachleistungen auch
a) Festbeträge für Arznei-, Verband- und Hilfsmittel nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch,
b) Aufwendungen - mit Ausnahme der Aufwendungen für Wahlleistungen im Krankenhaus -, die darauf beruhen, dass der Versicherte die beim Behandler mögliche Sachleistung nicht als solche in Anspruch genommen hat.
2. Gesetzlich vorgesehene Zuzahlungen und Kostenanteile sowie Aufwendungen für von der Krankenversorgung ausgeschlossene Arznei, Hilfs- und Heilmittel.
...
§ 6
Beihilfefähige Aufwendungen bei Krankheit
(1) Aus Anlass einer Krankheit sind beihilfefähig die Aufwendungen für
1. ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Leistungen sowie Leistungen eines Heilpraktikers.
...
§ 10
Beihilfefähige Aufwendungen bei Vorsorgemaßnahmen
(1) Aus Anlass von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten sind nach Maßgabe der hierzu ergangenen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen die folgenden Aufwendungen beihilfefähig
...
2. bei Frauen vom Beginn des zwanzigsten, bei Männern vom Beginn des fünfundvierzigsten Lebensjahres an die Kosten für jährlich eine Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen,
...
4. bei Personen von der Vollendung des fündunddreißigsten Lebensjahres an die Kosten für eine Gesundheitsuntersuchung, insbesondere zur Früherkennung von Herz,- Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit. Diese Aufwendungen sind jedes zweite Jahr beihilfefähig,
...
§ 14
Bemessung der Beihilfen
(1) Die Beihilfe bemisst sich nach einem Vomhundertsatz der beihilfefähigen Aufwendungen (Bemessungssatz). Der Bemessungssatz beträgt für Aufwendungen, die entstanden sind für
...
2. den Empfänger von Versorgungsbezügen, der als solcher beihilfeberechtigt ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 und 3) 70 vom Hundert,
..."
Versorgungsempfänger werden beihilferechtlich wie Arbeitnehmer behandelt.
Der Beihilfetarifvertrag des Bundes sieht ua. folgendes vor:
"§ 3 Beihilfetarifvertrag:
(1) Pflichtversicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung sind ausschließlich auf die ihnen zustehenden Sachleistungen angewiesen. Aufwendungen die dadurch entstanden sind, dass der Pflichtversicherte diese Leistungen nicht in Anspruch nimmt oder sich anstelle einer möglichen Sachleistung eine Barleistung gewähren lässt, sind nicht beihilfefähig. Lediglich in den Fällen in denen die Krankenversicherungsträger einen Zuschuss leisten, sind die geltend gemachten Aufwendungen im Rahmen der BhV beihilfefähig. Die beihilfefähigen Aufwendungen werden um den Zuschuss gekürzt."
Der Kläger reichte bei der Beklagten folgende Rechnungen zur Erstattung ein:
- Privatärztliche Rechnung von Frau Dr. med. M. B. vom 31.08.2006 in Höhe von 17,80 EUR für "Blutentnahme aus der Vene" sowie "Testosteron" als "Wunschleistung nach § 12 (1) SGB V" (vgl. Kopie Bl. 5 d.A.);
- privatärztliche Rechnung des Prof. Dr. med. G. G., Chirurg, Chefarzt der Abteilung für Verbrennungen - Plastische - u. Handchirurgie - Facharzt für Physikalische u. Rehabilitative Medizin vom 20.09.2006 für "eingehende Beratung, ...Symptombezogene Untersuchung, Krankheits- und Befundbericht" in Höhe von 48,26 EUR (vgl. Kopie Bl. 6 d.A.);
- privatärztliche Rechnung der Fachärzte Urologie Dr. med. Ch. J. / B. M. vom 21.09.2006 für "Blutentnahme, Vene" sowie "PSA, Ligandenassay" (vgl. Kopie Bl. 7 d.A.);
- Rechnung derselben Urologen vom 18.08.2004 für "PSA, Ligandenassay" und "Blutentnahme, Vene" sowie "Testosteron" in Höhe von 47,77 EUR (vgl. Kopie Bl. 61 d.A.);
- privatärztliche Rechnung derselben Urologen vom 03.08.2005 mit demselben Leistungstext wie zuvor in Höhe von 47,77 EUR (vgl. Kopie Bl. 84 d.A.)
- sowie nochmals privatärztliche Rechnung derselben Urologen mit denselben Leistungen wie zuvor außer Testosteron vom 19.11.2007 in Höhe von 24,31 EUR (vgl. Kopie Bl. 85 d.A.).
Den Rechnungen der Urologen liegt jeweils eine Vorsorgeuntersuchung, von dem behandelnden Arzt teilweise handschriftlich als "notwendige Vorsorgeuntersuchung" bezeichnet, zu Grunde. Auch bei der Rechnung von Dr. B. vom 31.08.2006 handelt es sich um Leistungen im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung.
Die Beklagte hielt die den Rechnungen zu Grunde liegenden ärztlichen Leistungen für nicht beihilfefähig und lehnt eine Erstattung ab.
Der Kläger hat mit seiner am 27.03.2008 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage zunächst die Erstattung der Rechnungen 31.08.2006, 20.09.2006 und 21.09.2006 in Höhe von insgesamt 90,37 EUR verlangt. Er hat die Klage mit Schriftsatz vom 07.05.2008 um die Erstattung der Rechnung vom 18.08.2004 in Höhe von 47,77 EUR zuzüglich Zinsen (Bl. 57 f. d.A.). und mit Schriftsatz vom 10.06.2008 (Bl. 79 d.A.) um die Erstattung der Rechnung vom 3.08.2005 und 19.11.2007 in Höhe von insgesamt 72,08 EUR zuzüglich Zinsen erweitert.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die ärztlichen Leistungen sämtlicher Rechnungen seien beihilfefähig nach den Beihilferichtlinien der Beklagten. Da die Vorsorgeuntersuchungen von der gesetzlichen Krankennkasse nicht übernommen worden seien, müsse zwingend die Beihilfe eingreifen. Er hat behauptet, bei der Einschaltung des Prof. G. sei es ihm allein darum gegangen, untersuchen zu lassen, ob es nicht doch eine Möglichkeit gäbe, den schlechten Zustand nach Operation des linken kleinen Fingers zu beheben. Er hat behauptet, der Beklagte erstatte bei aktiven Mitarbeitern auch die geltend gemachten Leistungen. Der Anspruch ergebe sich deshalb auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 90,37 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.08.2007 zu zahlen;
2. den Beklagten zusätzlich zu verurteilen, an den Kläger 47,77 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere 72,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie war der Auffassung, sämtliche Leistungen seien schon nach § 5 Abs. 4 BhV deswegen nicht erstattungsfähig sind, weil der Kläger privatärztliche Behandlung in Anspruch genommen hat, anstatt die Leistungen als Sachleistungen seiner gesetzlichen Krankenkassen in Anspruch zu nehmen. Die vom Kläger geltend gemachten Vorsorgeuntersuchen seien auch nicht in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen enthalten, so dass eine Erstattung auch nach § 10 BhV ausgeschlossen sein. Sie hat darauf verwiesen, dass nach den ursprünglichen Angaben des Klägers der Arztbesuch bei Prof. Dr. G. der Einholung eines zweiten Gutachtens diente und es damit nicht um medizinisch notwendige und angemessene Aufwendungen gemäß § 5 der Beihilferichtlinien handelte. Hinsichtlich der Rechnung vom 18.04.2004 beruft sich die Beklagte darüber hinaus auf Verjährung.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 14. Oktober 2008, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 10 BhV sehe eine Erstattung von Vorsorgeuntersuchungen nur nach Maßgabe der hierzu ergangenen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vor, in denen die vom Kläger geltend gemachten Vorsorgeuntersuchungen nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten nicht enthalten seien. Eine Erstattung der privatärztlichen Behandlung sei auch nach § 5 BhV ausgeschlossen, da der Kläger Sachleistungen in Anspruch genommen habe. Dies ergebe sich auch aus dem durch die Beihilferichtlinien der Beklagten in Bezug genommen § 3 Beihilfevertrag. Die fehlende Erstattungsfähigkeit ergebe sich auch aus der zutreffenden Zusammenfassung erstattungsfähiger und nicht erstattungsfähiger Leistungen durch die zu den Beihilferichtlinien erstellte Synopse (Bl. 38 d. A.). Eine Ungleichbehandlung zwischen aktiven Arbeitnehmern und Versorgungsempfängern bei der Erstattung der den streitgegenständlichen Rechnungen zu Grunde liegenden Behandlungen sei nicht zu erkennen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 24. November 2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am 2. Dezember 2008 Berufung eingelegt und diese am 2. Dezember 2008 und ergänzend am 19. Januar 2009 und 23. Januar 2009 begründet.
Er ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe übersehen, dass der Kläger nach § 14 der Beihilfevorschriften als nunmehr Pflichtversicherten dieselben Ansprüche habe wie als freiwillig versicherter aktiver Arbeitnehmer. Die geltend gemachten Aufwendungen würden bei freiwillig versicherten aktiven Arbeitnehmern erstattet, so dass auch der Kläger einen entsprechenden Erstattungsanspruch habe. Den eingereichten Rechnungen lägen auch gar keine Sachleistungen im Sinne des § 5 BhV zu Grunde. Die Vorsorgeleistungen seien nach § 10 BhV zu erstatten. § 10 BhV verlange nicht, dass die entsprechenden Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen die vom Kläger beanspruchten Vorsorgeuntersuchungen vorsehe. Die Formulierung "nach Maßgabe" bedeute nicht, dass ausschließlich der Inhalt dieser Richtlinien maßgeblich sein solle. Zudem seien die in § 10 Abs. 1 BhV genannten vier Punkte Inhalt der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. § 3 des Beihilfevertrages finde auf das Arbeitsverhältnis auch keine Anwendung.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. Oktober 2008 - 59 Ca 5260/08 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 90,37 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.08.2007, 47,77 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie 72,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Vertiefung ihres Rechtsvorbringens. Ergänzend verweist sie darauf, dass sich die Anwendbarkeit des § 3 Beihilfetarifvertrag, der den klägerischen Anspruch ebenfalls ausschließe, jedenfalls aus der Vorbemerkung zu den Beihilferichtlinien ergeben, wonach die Beihilfevorschriften des Bundes von der Beklagten übernommen werden und Ausnahmen jeweils durch Fettdruck in den Beihilferichtlinien kenntlich gemacht werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 2. Dezember 2008 (Bl. 117 - 120 d. A.) sowie vom 15. Januar 2009 (Bl. 138 - 139 d. A.) und 23. Januar 2009 (Bl. 140 - 141 d. A.) und der Beklagten vom 12. Januar 2009 (128 - 133 d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
A. Die Berufung hat keinen Erfolg.
I. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. a und Abs. 3a ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist von ihm fristgemäß und formgerecht eingelegt worden (§§ 519 ZPO, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG). Die Berufung wurde auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Erstattung von 48,26 EUR frist- und formgerecht begründet (§ 64 Abs. 6 ArbGG, 520 Abs. 1 und 3 ZPO). Der Kläger hat sich mit dem innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen vom 15. Januar 2009 (Bl. 138 - 139 d. A.) und 23. Januar 2009 (Bl. 140 - 141 d. A.) mit der Klageabweisung auch hinsichtlich dieses Streitgegenstandes i. S. d. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ausreichend auseinandergesetzt. Die Berufung ist damit zulässig.
II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der den eingereichten Rechnungen zu Grunde liegenden Behandlungskosten. Dabei kann unentschieden bleiben, ob es sich bei den den Rechnungen zu Grunde liegenden Behandlungen um Sach- und Dienstleistungen i. S. v. § 5 Abs. 4 Nr. 1 BhV handelt oder nicht. Handelt es sich bei den Behandlungskosten um Sachleistungen, also um Leistungen, die die gesetzliche Krankenkasse im Rahmen der kassenärztlichen Behandlung unter Vorlage der Chip-Karte beim jeweiligen Behandelnden Arzt erbringt, ist der Anspruch nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 b der Beihilferichtlinien der Beklagten ausgeschlossen. Lagen keine Sachleistungen vor, weil auch die gesetzliche Krankenkasse die entsprechenden Behandlungskosten nicht übernommen hätte, ist der Anspruch nach § 10 Abs. 1 BhV und § 5 Abs. 1 BhV ausgeschlossen.
1. Handelte es sich bei den den Rechnungen zu Grunde liegenden Behandlungen um Sachleistungen i. S. v. § 5 Abs. 4 Nr. 1 BhV, ist der Anspruch bereits durch § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 b. BhV ausgeschlossen.
Nach dieser Vorschrift sind Sach- und Dienstleistungen nicht beihilfefähig bei Personen, denen ein Zuschuss, Arbeitgeberanteil und dergleichen zum Krankenversicherungsbeitrag gewährt wird; als Sach- und Dienstleistungen gelten - mit Ausnahme der Aufwendungen für Wahlleistungen im Krankenhaus - auch Aufwendungen, die darauf beruhen, dass der Versicherte die beim Behandler mögliche Sach- oder Dienstleistung nicht als solche in Anspruch genommen hat. 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 b. BhV ist Ausdruck des das Beihilferecht prägenden Subsidiaritätsprinzips. Wer auf Grund anderweitiger Vorschriften einen Anspruch darauf hat, dass sein krankheitsbedingter Bedarf durch Sach- oder Dienstleistungen grundsätzlich vollständig gedeckt wird, soll wegen seines Verzichts auf diese Leistungen im System der Beihilfe nicht besser gestellt werden (BVerwG 15.12.2005 2 C 35/04 - BVerwGE 125, 21 zu 2. der Entscheidungsgründe).
a. Der Kläger gehört als nunmehr pflichtversicherter Rentner zu den Personen, denen ein Zuschuss, Arbeitgeberanteil und dergleichen zum Krankenversicherungsbeitrag gewährt wird. Nach allgemeiner Auffassung gehören zu den Personen, die einen Anspruch auf "Zuschuss" zum Krankenversicherungsbeitrag haben, auch die versicherungspflichtigen Rentenbezieher (BVerwG 15.12.2005 2 C 35/04 - BVerwGE 125, 21, zu 2. der Entscheidungsgründe). Beim Kläger übernimmt die Deutsche Rentenversicherung Bund auch den gesetzlichen hälftigen Anteil des Krankenversicherungsbeitrags.
b. Der Kläger hat bei allen eingereichten Rechnungen privatärztliche Behandlung in Anspruch genommen. Handelte es sich bei den den Rechnungen zu Grunde liegenden Behandlungen um Sachleistungen, hat er jeweils privatärztliche Leistungen anstatt Sachleistungen der gesetzlichen Krankenkasse in Sinne von § 5 Abs. 4 Nr. 1 BhV in Anspruch genommen. Dies schließt einen Beihilfeanspruch nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 b. BhV aus.
c. § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 b. BhV verstößt auch nicht gegen höherrangige Recht (vgl. BVerfG 13.2.2008 - 2 BvR 613/06 - ZBR 2008, 318, zu II 1 der Gründe hinsichtlich der wortgleichen Bestimmung des § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe b) der Beihilfevorschriften des Bundes).
2. Handelt es sich bei den den eingereichten Rechnungen zu Grund liegenden Behandlungskosten nicht um Sachleistungen i. S. d. § 2 SGB V, weil auch die gesetzliche Krankenkasse die Kosten im Rahmen der kassenärztlichen Behandlung nicht übernehmen würde, sind die konkreten Aufwendungen ebenfalls nicht beihilfefähig.
a. Soweit der Kläger auf Grund der Rechnungen vom 31.8.08 (Bl. 6 d. A), 21.9.06 (Bl. 7 d. A.), Rechnung vom 18.8.04 (Bl. 61 d. A.), Rechnung vom 3.8.05 und Rechnung vom 19.11.07 (Bl. 61) die Kostenerstattung von Vorsorgeuntersuchungen begehrt, ist der Anspruch nach § 10 Abs. 1 BhV ausgeschlossen.
Nach § 10 Abs. 1 BhV sind bestimmte Aufwendungen aus Anlass von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nach Maßgabe der hierzu ergangenen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Aufwendungen beihilfefähig. Eine Auslegung des § 10 Abs. 1 BhV ergibt - entgegen der Ansicht des Klägers -, dass Vorsorgeuntersuchen die nicht in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen enthalten sind, nicht nach § 10 Abs. 1 BhV beihilfefähig sind.
aa. Dabei sind bei der Auslegung des § 10 BhV die Auslegungsgrundsätze anzuwenden, die für die Auslegung von Rechtsnormen gelten. Bei den von der Beklagten im Wesentlichen übernommenen Beihilfevorschriften des Bundes handelt es sich zwar um administrative Bestimmungen, die nicht die Eigenschaft von Rechtsnormen haben (vgl. bereits BVerwG 25.06.1964 - 8 C 23.63 - BVerwGE 19, 48 <53 ff.>). Allerdings beschränkt sich ihr Inhalt nicht darauf, Auslegungshilfe zu sein, Ermessen zu lenken oder Beurteilungsspielräume auszufüllen. Vielmehr haben sie eine herausragende Bedeutung für die Lebensgestaltung des Beihilfeberechtigten und seiner Familie nicht erst im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Geburt, sondern bereits bei der Wahl der Eigenvorsorge. Der besonderen rechtlichen Form und ungewöhnlichen Funktion der Beihilfevorschriften ist entsprechend der bisherigen Rechtsprechung bei der Auslegung dadurch Rechnung zu tragen, dass in Zweifelsfällen nicht, wie sonst allgemein bei Verwaltungsvorschriften, die vom Urheber der Vorschriften gebilligte oder doch geduldete tatsächliche Verwaltungspraxis herangezogen wird, sondern die Beihilfevorschriften aus sich heraus in gleicher Weise wie Normen ausgelegt werden (vgl. BVerwG 28. Mai 1973 - BVerwG 2 B 15.73 - Buchholz 238.91 Nr. 5 BhV Nr. 3; BVerwG 10. April 1997 - BVerwG 2 C 11.96 - Buchholz 270 § 18 BhV Nr. 3 und BVerwG 10. Juni 1999 - BVerwG 2 C 29.98 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 12). Aus diesem Grunde muss sich auch die Auslegung der insoweit mit den Beihilfevorschriften des Bundes wortidentischen Beihilfevorschriften der Beklagten an den Maßstäben der Normauslegung orientieren.
bb. Bereits der Wortlaut des § 10 BhV führt bei einer unter den Maßstäben der Normauslegung durchgeführten Auslegung zu einem eindeutigen Ergebnis. Die in Normen gebräuchliche Formulierung "nach Maßgabe" enthält stets einen Verweis auf andere Rechtsquelle - vorliegend die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen - und knüpft an den Inhalt der anderen Rechtsquelle als Anspruchsvoraussetzung an. Wenn § 10 Abs. 1 BhV Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nach Maßgabe der hierzu ergangenen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen für beihilfefähig erklärt, so ist damit Anspruchsvoraussetzung, dass die konkreten Maßnahmen in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen enthalten ist. Soweit der Kläger darauf verweist, die in § 10 Abs. 1 BhV enthaltenen Punkte seien in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen enthalten, ist dies nicht entscheidend. Natürlich beziehen sich die Richtlinien auf die in § 10 Abs. 1 BhV enthaltenen Vorsorgeuntersuchungen. Sie gestalten die allgemeinen Regeln, wie sich aus der Verwendung der Worte "nach Maßgabe" ergibt, aber im Einzelnen aus.
cc. Der Kläger hat auch zweitinstanzlich nicht dargelegt, dass die konkreten Vorsorgeuntersuchungen in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen enthalten waren. Handelt es sich bei den Vorsorgeuntersuchungen nicht um Sachleistungen, können diese auch gar nicht in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen enthalten sein. Die fehlende Übernahme der Vorsorgeuntersuchungen durch die gesetzliche Krankenkasse kann seinen Grund allein darin haben kann, dass die Voraussetzungen von § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht vorlagen, weil die entsprechende Untersuchung nicht in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthalten waren. Wären die vom Kläger geltend gemachten konkreten Vorsorgeuntersuchungen entsprechend seinem Vortrag tatsächlich in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthalten, hätte die gesetzlich Krankenkasse die Kosten nach § 25 SGB V übernommen. Es hätte sich dann um eine Sachleistung gehandelt, die den Anspruch des Klägers auf Beihilfe gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 b BhV ausgeschlossen hätten.
dd. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die Beihilfe müsse deswegen eingreifen, weil die gesetzliche Krankenkasse die Kosten ebenfalls nicht übernommen hat, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr kann die fehlende Übernahme der Vorsorgeuntersuchungen durch die gesetzliche Krankenkasse ihren Grund allein darin haben kann, dass die Voraussetzungen von § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht vorlagen, weil die entsprechende Untersuchung nicht in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 SGB V festgelegt worden sind. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB und § 10 Abs. 1 BhV statuieren somit dieselben Anspruchsvoraussetzungen. Ist ein Anspruch nach § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V ausgeschlossen, weil die konkrete Vorsorgeuntersuchung nicht in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthalten ist, besteht auch nach § 10 Abs. 1 BhV kein Beihilfeanspruch. Entgegen der Ansicht des Klägers greift der Beihilfenanspruch nicht stets, wenn die gesetzliche Krankenkasse keine Leistungen gewährt, sondern nur unter den in der Beihilferichtlinie statuierten Voraussetzungen.
b. Hinsichtlich der privatärztliche Rechnung des Prof. Dr. med. G. G. vom 20.09.2006 in Höhe von 48,26 EUR ist der Anspruch, soweit es sich bei den Aufwendungen nicht um Sachleistungen handelt, nach § 5 Abs. 1 BhV ausgeschlossen. Nach § 5 Abs. 1 BhV sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind.
Die nach Vortrag des Klägers nicht zur Einholung eines Gutachtens durchgeführte ärztliche Behandlung kann nur dann keine Sachleistungen i. S. d. § 2 SGB V sein, wenn auch die gesetzliche Krankenkasse die Kosten im Rahmen der kassenärztlichen Behandlung nicht übernehmen würde. Dies kann im Rahmen der ärztlichen Behandlung nur darauf beruhen, dass der Ausschlussgrund des § 12 Abs. 1 SGB V greift. Nach § 12 Abs. 1 SGB V müssen Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Ist danach die vom Kläger geltend gemacht Aufwendung keine Sachleistung, weil die ärztliche Behandlung i. S. d. § 12 Abs. 1 SGB V nicht notwendig oder unwirtschaftlich war, so liegt auch keine notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendung i. S. d. § 5 Abs. 1 BhV vor.
3. Ob § 3 des Beihilfetarifvertrages des Bundes zwischen den Parteien Anwendung findet und Erstattungsansprüche ebenfalls ausschließt, kann offenbleiben, weil sich bereits aus den Beihilferichtlinien der Beklagten der klägerische Anspruch nicht rechtfertigt.
4. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
a. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern gleich zu behandeln, soweit sie sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden. Danach sind sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch die sachfremde Gruppenbildung verboten. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Liegt ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung nicht vor, kann der übergangene Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung behandelt zu werden (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. November 1998 - 1 AZR 147/98 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 162 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 79, zu III 1 a der Gründe; 10. März 1998 - 1 AZR 509/97 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 207 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 40, zu 1 a der Gründe; 15. November 1994 - 5 AZR 682/93 - BAGE 78, 272 = AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 121 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 61, zu I 1 der Gründe) . Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist anwendbar, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem allgemeinen generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke für die Leistung festlegt (BAG 17. November 1998 - 1 AZR 147/98 - aaO, zu III 1 der Gründe).
b. Der Kläger hat bereits eine Ungleichbehandlung zwischen aktiven Arbeitnehmern und Versorgungsempfängern nicht dargelegt. Der Kläger hat lediglich pauschal behauptet, die Beklagte würde bei aktiven Arbeitnehmern Früherkennungsbehandlungen übernehmen und hätte auch beim Kläger während seiner aktiven Zeit entsprechende Behandlungen übernommen. Dieser seitens der Beklagten bestrittene Vortrag ist unsubstantiiert und einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Aus dem Vortrag ist nicht ersichtlich, wann die Beklagte gegenüber wem, welche Erstattungen vorgenommen hat und dass die Erstattungen ärztliche Behandlungen und Vorsorgeuntersuchen betrafen, die mit denen vergleichbar sind, deren Erstattung der Kläger vorliegend geltend macht. Soweit der Kläger behauptet, ihm seien vor seiner Berentung Kosten vergleichbarer Vorsorgeaufwendungen erstattet worden fehlt es auch hier an einem substantiierten Vortrag. Die von dem Kläger als Beleg seiner Behauptung mit Schriftsatz vom 23. Januar 2009 eingereichten Beihilfeabrechnungen der Beklagten (Bl. 142 - 150 d. A.) sind unergiebig. Sie betreffen sämtlich keine ärztlichen Behandlungen oder Vorsorgeuntersuchungen, die den hier streitgegenständlichen Rechnungen zu Grunde liegen oder mit diesen auch nur vergleichbar wären. Vielmehr wurde die Beihilfe für Zahnersatz und zahntechnische Leistungen erbracht, bei denen dem Kläger auch als Versorgungsempfänger beihilfeberechtigt ist.
5. Aus denselben Gründen kann sich der Kläger zur Stützung seines Anspruchs auch nicht auf 14 Abs. 1 Satz 4 BhV, wonach Versorgungsempfänger beihilferechtlich wie Arbeitnehmer behandelt werden, berufen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei Anwendung der Beihilfevorschriften § 14 Abs. 1 Satz 4 BhV missachtet.
Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.
B. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
C. Die Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da die Voraussetzungen nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorlagen.
Ende der Entscheidung
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